Deutsche Bahn AG / Max Lautenschläger

Das Europäische Zugsicherungssystem ETCS

Die Zukunft der Leit- und Sicherungstechnik auf Deutschlands Schienen ist europäisch: Das „European Train Control System“ (ETCS) ist der neue einheitliche Standard für Zugbeeinflussungssysteme in ganz Europa. Derzeit gibt es über 20 verschiedene Systeme in Europa, die langfristig abgelöst werden sollen.

Heute zeigen meist Lichtsignale an, ob ein Abschnitt befahren werden darf.

Jeder kennt die großen Signale an den Gleisen, die ein bisschen an Ampeln erinnern und tatsächlich eine ähnliche Funktion haben: Durch das Signal erkennt der Lokführer nämlich, ob er in den vor sich liegenden Abschnitt einfahren darf oder nicht. Das System der Streckenabschnitte ist der Grund dafür, dass Bahnsignale auch auf freier Strecke nötig sind – im Gegensatz zu Straßenampeln, die fast ausschließlich an Kreuzungen stehen. Damit jeder Streckenabschnitt immer nur von einem Zug befahren werden kann, steht vor jedem Abschnitt ein Signal. Dieses darf der Lokführer nur passieren, wenn es grün ist, weil nur dann der Abschnitt frei ist.

 

Früher waren mechanischen Signale üblich, wie hier in Regensburg

Die Signale gehören zum vertrauten Bild einer Bahnstrecke genauso wie Bahnhöfe, Schwellen oder Schienen. Aufgrund neuer technischer Entwicklungen könnten sie aber auf vielen Hauptstrecken bald der Vergangenheit angehören. Denn mit ETCS ist sogar ein Zugverkehr ohne Signale möglich. Die Information, ob ein Abschnitt befahren werden darf oder nicht, kommt dann auf anderem Weg zum Lokführer: Dies wird dann auf einem Bildschirm direkt im Zug angezeigt. Doch nicht bei allen Strecken, die mit ETCS ausgerüstet werden, entfallen auch die Signale. Bei unseren Planungen prüfen wir, ob der Einsatz von ETCS mit oder ohne Signalen unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoller ist.

Unabhängig davon bringt ETCS viele Vorteile mit sich. Denn europaweit haben sich die Staaten und Bahnunternehmen auf diesen einheitlichen Standard geeinigt. So können grenzüberschreitende Strecken ohne Systemwechsel befahren werden. Das stärkt den internationalen Schienenverkehr und setzt einen hohen Standard in der Verkehrssicherheit.

Doch ETCS hat weitere Vorteile: Anhand von Angaben aus dem Streckenatlas, einer genauen Positionsbestimmung und vorgegebenen Regeln überwacht das System den Zug und kann auch bei hohen Geschwindigkeiten rechtzeitig die richtigen Entscheidungen für eine sichere Zugfahrt treffen. Der Lokführer hat gemeinsam mit dem Fahrdienstleiter das letzte Wort – er kann den Zug auch fahren und steuern, wenn das ETCS ausfällt oder andere unvorhergesehene Ereignisse eintreten.

 

Über die Balisen weiß die ETCS-Streckenzentrale immer, wo ein Zug sich befindet.

Wie funktioniert ETCS?

Die Züge werden von den ETCS-Streckenzentralen überwacht. Dazu besteht ständig eine Verbindung zwischen der Zentrale und dem Zug per GSM-R (Global System for Mobile Communications – Rail). Dieses Funksystem lässt sich mit dem Mobilfunksystem bei Handys vergleichen, ist aber auf den Betrieb entlang von Bahnstrecken optimiert. Zusätzlich werden in regelmäßigen Abständen mit Hilfe sogenannter Balisen, einer Art Transponder, Positionsbestimmungen auf der Strecke durchgeführt. Diese Balisen befinden sich zwischen den Schienen auf den Schwellen. Fährt ein Zug darüber, werden die benötigten bahnbetrieblichen Informationen übertragen und sowohl der Bordcomputer als auch die Zentrale wissen, wo sich das Fahrzeug exakt befindet. Zusätzlich überwachen weitere Sensoren die Position und Geschwindigkeit des Zuges. So wird sichergestellt, dass die Lage des Zuges immer betriebssicher erfasst ist.

Die Fahrbefehle erhält der Zug aus der ETCS-Streckenzentrale. Sie weiß, ob das Gleis frei ist und die Voraussetzungen für die Befahrung gegeben sind. Die automatisch erteilte Fahrtfreigabe (Movement Authority, kurz MA) sorgt dann dafür, dass sich der Zug auch ohne Signale sicher auf der Strecke bewegen kann.

Auch auf den Bahnstrecken in Nordostbayern soll diese moderne Technik Einzug halten. Denn zeitgleich mit der Elektrifizierung werden die Strecken für den Einsatz von ETCS ausgebaut. Das ist vor allem deswegen wichtig, weil bedeutende europäische Strecken – die TEN-Korridore Rhein-Donau und Skandinavien-Mittelmeer – durch Nordostbayern führen. Diese Strecken müssen mit dem europäischen Zugsicherungssystem befahrbar sein. Dadurch soll es möglich werden, beispielsweise von Frankreich über Deutschland, Österreich, die Slowakei und Ungarn bis ans Schwarze Meer in Rumänien mit einem einheitlichen Zugsicherungssystem zu gelangen.

Projekt ETCS-Ausrüstung im Grenzabschnitt

In einem separaten Projekt vor der Elektrifizierung wird der Grenzabschnitt mit ETCS ausgerüstet.

Der Streckenabschnitt von Arzberg über Schirnding bis zur tschechischen Grenze kann durch eine Initiative der EU schon vor der Elektrifizierung bis zum Jahr 2025 mit ETCS ausgerüstet werden. Dadurch wird der Abschnitt zusätzlich zur bereits vorhandenen Signaltechnik auch durch Züge mit ETCS befahrbar. So kann die Strecke, bis alle Züge ETCS beherrschen, wie gewohnt von den bisherigen Zügen genutzt werden.

Für ETCS wiederum sind einige Hochrüstungen an der technischen Infrastruktur notwendig. Neben dem Ersatz des Relaisstellwerks in Schirnding durch ein elektronisches Stellwerk müssen auch die drei Bahnübergänge – zwei im Gemeindegebiet von Arzberg und einer in Schirnding – an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Wie genau dieser Ausbau umgesetzt wird, plant die DB in Abstimmung mit der jeweiligen Gemeinde. Neben den Bahnübergängen müssen auch sämtliche Signale durch eine neuere Bauform am jeweils gleichen Ort ersetzt werden. Ansonsten bleibt das optische Gesamtbild gleich, an Bahnsteigen und Gleislagen finden keine Veränderungen statt.

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