Technik & Hintergründe

Unterwerk, Schaltwerk, Schutzstreifen – Sie verstehen dabei nur Bahnhof? Wir erklären die komplexen technischen Hintergründe zur Bahnstromversorgung. Noch Fragen offen? Sprechen Sie uns immer gerne an!

Warum soll in Nordostbayern eine Bahnstromleitung gebaut werden?

Auf den Bahnstrecken in Nordostbayern können derzeit nur Dieselzüge fahren, aber keine elektrischen Züge. Das liegt daran, dass Bahnstromleitungen derzeit in Nürnberg bzw. Regensburg enden -  der restliche nordostbayerische Raum ist nicht an das deutsche Bahnstromnetz angeschlossen. Das ist nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch für die Menschen beispielsweise durch die schlechtere Anbindung. Um das zu beheben, sieht der Bund eine Elektrifizierung mehrerer Bahnstrecken in Nordostbayern vor. Zum Beispiel die Bahnstrecke von Hof über Marktredwitz, Weiden und Schwandorf nach Regensburg.

 

Wie sieht eine Bahnstromleitung aus?

In Deutschland gibt es bereits rund 8.000 Kilometer Bahnstromleitungen. Aber nicht jeder Bahnstrommast sieht genau gleich aus. Je nach Örtlichkeit gibt es unterschiedliche optische und technische Gestaltungsformen. Wenn beispielsweise in einem Waldgebiet wertvoller Baumbestand nicht gerodet werden kann, überspannen wir ein Waldstück oder eine sensible Fläche teilweise komplett. Einige beispielhafte Eindrücke zeigen die Bilder:

Wie groß ist eine Bahnstromleitung?

Für die Bahnstromleitung in Nordostbayern sind grundsätzlich Standard-Maste des Bahnstromnetzes vorgesehen. Dabei handelt es sich um Stahlgitter-Maste mit einer Höhe von etwa 28 Metern. Bahnstrommasten haben vier Leiterseile und in der Regel eine Traverse. Der übliche Abstand zwischen zwei Masten beträgt rund 300 Meter. An bestimmten Stellen können die Maste aber auch mal etwas anders bemessen sein oder abweichende Abstände haben, beispielsweise aufgrund der Topographie. Die detaillierte Planung der einzelnen Maststandorte erfolgt in den nächsten Planungsschritten nach dem Raumordnungsverfahren.

 

Beispiele für weitere Mastformen

Beispiele für weitere Mastformen

Wie sind die Leitungsvarianten entstanden?

Der ursprüngliche Leitungsentwurf wurde von externen Fachplanern im Auftrag der DB erarbeitet. Dabei wurden zunächst die Einspeisepunkte festgelegt und dann nach einer sinnvollen Verbindung dieser Punkte gesucht. Das Ziel: Einen idealen Verlauf mit minimalen Betroffenheiten zu finden. Der Verlauf soll möglichst geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben und Rücksicht nehmen auf die Menschen, Tiere und Pflanzen in der Region. Deswegen orientiert sich der Entwurf stark an bereits bestehender Infrastruktur, insbesondere an anderen Stromleitungen, aber auch an Bahnstrecken und Straßen. Außerdem werden Schutzgebiete und Ortschaften möglichst umgangen. In den ergänzten Leitungsvarianten sind auch zusätzliche Varianten enthalten, die aus der Region vorgeschlagen wurden. 

Entwurfskriterien

Umwelt

  • möglichst Umgehung von Schutzgebieten: Vermeidung von Naturschutz-, FFH-, Wasserschutz-, Vogelschutz-, Landschaftsschutzgebieten, Biotopen
  • Minimierungsgebot

Mensch

  • möglichst Umgehung von Ortschaften mit einem Abstand von mind. 200 Metern
  • Vermeidung von Minimierungsmaßnahmen (Abstand <10 Meter)

Technik

  • Minimierung: möglichst kurzer Verlauf
  • Bündelung: Nutzung von bestehenden linienhaften Infrastrukturen
  • Standardisierung: Möglichst Realisierbarkeit mit standardisierten Bauwerken

 

Was ist ein Schutzstreifen?

Der Schutzstreifen dient der Sicherheit von Anwohnerinnen und Anwohnern: Er wird so bemessen, dass auch bei außergewöhnlichen Wetterbedingungen (Sturm, starke Vereisung oder extreme Temperaturen) die Leiterseile nie zu einer Gefährdung der Umwelt führen. Im Schutzstreifen gelten einige besondere Regeln für die Nutzung: Beispielsweise dürfen innerhalb des Schutzstreifens keine hohen Bäume gepflanzt oder Gebäude gebaut werden. Der Schutzstreifen ist bei unseren Bahnstromleitungen meist rund 30 Meter zu beiden Seiten breit. Die genauen Abmessungen des Schutzstreifens hängen von der jeweiligen Örtlichkeit ab (z.B. Höhe und Abstand der Masten).

Was ist ein Unterwerk?
Ein Unterwerk im Süden Bayerns.

An einem Unterwerk wird der Strom, der mit 110 kV über die Bahnstromleitung übertragen wird, in 15 kV für den Bahnbetrieb transformiert und dann auf die Oberleitung eingespeist. Ein Unterwerk benötigt in etwa 2.000 m² Fläche und ist vergleichbar mit einem öffentlichen Umspannwerk. Es besteht aus Leistungstransformatoren und Schaltanlagen. Ein Unterwerk verursacht keine nennenswerten Emissionen wie Lärm oder Strahlung.

 

 

 

Was ist ein Schaltwerk?

Ein Schaltwerk ist immer dort erforderlich, wo mehrere Bahnstromleitungen aufeinandertreffen. Am Schaltwerk kann die Einspeisung zwischen den verschiedenen Leitungen umgeschaltet werden. Weil an einem Schaltwerk kein Transformator erforderlich ist, benötigt es noch weniger Platz als ein Unterwerk (ca. 1.000 m² Fläche). Es verursacht ebenfalls keine nennenswerten Emissionen wie Lärm oder Strahlung.

Kann die Bahnstromleitung als Erdkabel gebaut werden?

Das deutsche Bahnstromnetz ist eines der größten in Europa. Es reicht von Dresden bis Aachen, von Flensburg bis ins grenznahe österreichische Salzburg. Der technische Vorteil dieses enorm großen Bahnstromnetzes ist, dass sich Leistungsschwankungen leichter ausgleichen und zugleich Kraftwerksleistungen sparen lassen. Ein Vorteil für Reisende ist, das Züge unterbrechungsfrei mit Energie beliefert werden können, wenn sie auch über lange Strecken unterwegs sind. Hoher Reisekomfort durch stets gesicherte Energieversorgung in den Zügen ist damit sichergestellt. Nachteil ist, dass das Bahnstromnetz sehr genau auf Schwankungen, technisch: die Verstimmung, geregelt werden muss. Freileitungen erleichtern die Regelung enorm. Bei einem auftretenden Kurzschluss, technisch: Erdschluss, hilft die Luft als Isolation, eine Freileitung ist also selbstheilend. Bahnstrom-Verkabelungen in der Erde erschweren das Nachregeln dieser Verstimmung erheblich, Selbstheilung kann dort nicht stattfinden. Kurzum: Erdverkabelung des Bahnstromes beeinträchtigt die Versorgungssicherheit. Das trifft nicht nur neu elektrifizierte Strecken. Durch das zusammenhängende deutsche Bahnstromnetz wäre auch der Rest des Landes von einem Rückgang der Netzstabilität betroffen. 

Fachleute erklären das so: Das Bahnstromnetz in Deutschland ist ein sogenanntes gelöschtes Netz. Es wird auch als Netz mit Erdschlusskompensation oder Resonanzsternpunkterdung bezeichnet. Vorteil des gelöschten Netzes ist, dass eine Störung nur zu geringen Auswirkungen im gesamten Bahnbetrieb führt. Minimiert werden diese Auswirkungen durch Löschspulen, sogenannte Petersen-Spulen. Diese Spulen speisen einen Gegenstrom ins Bahnstromnetz ein, der Erdschlüssen entgegenwirkt. Um diese Vorteile des deutschen Bahnstromnetzes zu sichern, ist eine sehr genaue Regelung des Erdschlussstromes erforderlich. Dadurch wird erreicht, dass ein einmal gezündeter Lichtbogen bei einem Erdschluss sofort wieder verlischt und keine gefahrbringenden Schäden anrichtet. Bei solchen Fehlern braucht eine Leitung nicht abgeschaltet und die Energieversorgung nicht unterbrochen werden. Viele Faktoren beeinflussen den Erdschlussstrom, lediglich die Verstimmung ist im Bahnbetrieb beeinflussbar. Die Regelung ist angewiesen auf die Mittelpunkt-Erde-Spannung. Diese Spannung wird jedoch schon durch einen geringen Anteil an Erdverkabelung des Bahnstromes negativ beeinflusst.

Warum soll entlang der Bahnstrecke Nürnberg–Schwandorf eine Bahnstromleitung gebaut werden?

Ein wichtiges Ziel bei der Bahnstromversorgung ist eine hohe Versorgungssicherheit. Deswegen werden die Unterwerke möglichst immer von zwei Seiten mit Strom versorgt, damit nicht ein einzelner in die Leitung gestürzter Baum den Bahnverkehr in einer ganzen Region lahmlegt. Zu diesem Zweck müssen die Leitungen zu großräumigen Ringen geschlossen werden. Die Bahnstromleitung zwischen Burgweinting und Ottensoos schließt den Ring von Landshut in Niederbayern über Oberbayern und Mittelfranken bis zur Oberpfalz. So wird gewährleistet, dass auch die Bahnstrecken zwischen Regensburg, Schwandorf und Nürnberg jeweils von zwei Seiten zuverlässig mit Bahnstrom versorgt werden. Für die Elektrifizierung dieses Abschnitts ist die Versorgung mit Bahnstrom zwingend erforderlich. 

Wie wird sichergestellt, dass die Bahnstromleitung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner hat?

Alle elektrischen Geräte und Leitungen erzeugen elektrische und magnetische Felder, beispielsweise Handys, Fernsehgeräte oder Mikrowellen. Auch in der Natur gibt es solche Felder: Beispiele dafür sind Gewitter, aber auch das natürliche Magnetfeld der Erde. Für den Menschen sind diese elektromagnetischen Felder in geringer Dosierung ungefährlich. Damit die gesundheitlich unbedenkliche Dosierung nicht überschritten wird, hat der Gesetzgeber Grenzwerte festgelegt. Diese Grenzwerte werden im Bahnbetrieb, aber auch bei Bahnstromleitungen, weit unterschritten. Um die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen, führen wir bei der Planung der Bahnstromleitung aufwändige Untersuchungen durch und erstellen in Zusammenarbeit mit externen Experten Gutachten. So tragen wir dafür Sorge, dass es keine gesundheitliche Gefährdung für Anwohnerinnen und Anwohner an einer Bahnstrecke oder einer Bahnstromleitung gibt.

Müssen Grundstücke wegen der Bahnstromleitung verkauft werden?

Für den Bau der Bahnstromleitung ist in der Regel kein Ankauf von Grundstücken erforderlich. Wenn die Bahnstromleitung über ein Grundstück verlaufen soll, führen wir mit dem Eigentümer persönliche Gespräche. Dabei geht es meist nur um die Mitbenutzung einer geringen Quadratmeterzahl für den Bau der Mastfundamente. Weil nur diese minimale Fläche dauerhaft belegt wird, ist der Ankauf kompletter Grundstücke nicht sinnvoll. Die Einschränkung des Grundstücks wird als Wertminderung selbstverständlich durch eine angemessene Entschädigung ausgeglichen. Das gilt natürlich auch dann, wenn das Grundstück mit der Bahnstromleitung nur überspannt wird, ohne dass darauf ein Mast steht. Auch dann erhält der Eigentümer eine angemessene Entschädigung.

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